Der Deutsche Meister und Pokalverteidiger OSG Baden-Baden setzte sich in der Pokal-Zwischenrunde am Wochenende in Wolfhagen durch und steht im Halbfinale 2018. Damit wurde der „FC Bayern des Schachsports“ seiner Favoritenrolle gerecht, musste aber hartnäckigen Widerstand insbesondere der gastgebenden Emswölfe brechen.
Baden-Baden bot eine äußerst starke Mannschaft auf: mit dem für Aserbeidschan startenden Großmeister (GM) Arkadij Naiditsch (ELO 2701) und dem französischen GM Etienne Bacrot (2718) hatten sie gleich zwei Super-Großmeister dabei, dazu kamen mit Jan Gustafsson (2634) und Sergei Movsesian (2632) zwei weitere solide und renommierte GM.
Dem hatten die weiteren Gäste aus Hockenheim und Schwarzenbach nichts entgegenzusetzen. Vizemeister Hockenheim entsandte nicht einmal die zweite Garnitur, lediglich zwei Internationale Meister und ein FIDE-Meister waren am Start. Caissa Schwarzenbach, ein Verein aus dem saarländischen Homburg und in der 3. Liga beheimatet, brachte ebenfalls nicht die stärksten Spieler ans Brett, wäre aber auch mit diesen chancenlos gewesen.
Denn die Schachfreunde Bad Emstal/Wolfhagen hatten ebenfalls groß aufgefahren und schickten vier GM der Extraklasse ins Rennen. Yuriy Kuzubov (ELO 2689) und Sergei Rublevsky (2663) gehören immerhin zu den TOP 100 der Weltrangliste, Vladimir Onischuk (2632) und Alexander Zubov (2612) sind nur unwesentlich schwächer. Daher rechneten sich die Emswölfe durchaus Chancen auf das Erreichen des Viertelfinales aus, und auch das Halbfinale schien durchaus möglich.
Zumal die Auslosung am Samstag die Paarungen OSG Baden-Baden-SV Hockenheim und Caissa Schwarzenbach-Schachfreunde Bad Emstal/Wolhagen erbrachte und damit das erhoffte leichte Los für die Emswölfe. Die setzten sich dann auch souverän mit 4:0 gegen die Saarländer durch. Genauso wie der Pokalverteidiger, der das ungleiche Gipfelduell gegen Hockenheim mit 3,5:0,5 für sich entschied.
So kam es am Sonntag ab 10 Uhr zum erhofften Duell der Emswölfe gegen die OSG Baden-Baden. Sergei Rublewsky musste sich am Spitzenbrett mit Arkadij Naiditsch auseinandersetzen, Yuriy Kuzubov bekam es an „2“ mit Etienne Bacrot zu tun, an Brett 3 versuchte sich Alexander Zubov gegen Jan Gustafsson, und am 4. Brett sollte Vladimir Onischuk den starken Sergei Movsesian im Zaum halten.
Nach gut einer Stunde Spielzeit zeichnete sich das erwartete zähe Ringen ab. Alle Partien standen ausgeglichen. Zur ersten Punkteteilung kam es nach mehr als drei Stunden. Alexander Zubov und Jan Gustafsson rauchten die Friedenspfeife; ein kleiner symbolischer Vorteil für den Meister, der mit Schwarz remis hielt. Dem ließen die Emswölfe kurze Zeit später den „symbolischen Ausgleich“ folgen: an Brett 4 willigte Vladimir Onischuk mit Schwarz gegen Movsesian in die angebotene Zugwiederholung ein. Zwischenstand war damit 1:1, und dann brannte der Baum.
Denn die Partien an Brett 1 und 2 entwickelten sich zu einem echten Krimi. Sergei Rublewsky hatte mit Schwarz die Initiative ergriffen, seine Figuren waren aktiver als die von Arkadij Naiditsch. Yuriy Kuzubov hatte mit Weiß eine optisch ansprechende Stellung und vor allen Dingen einen riesigen Zeitvorteil: Etienne Bacrot, der am Samstag schon einen halben Punkt lassen musste, schien mit seiner Stellung nicht zufrieden und hatte bis auf 3 Minuten seine gesamte Bedenkzeit aufgebraucht, musste aber in nicht einfacher Stellung noch 15 Züge bis zur Zeitkontrolle machen.
Sergei Rublevsky versuchte alles, wickelte in ein Endspiel Springer und Läufer plus 3 Bauern gegen Turm plus 4 Bauern ab, konnte aber den dann aktiven Naiditsch-Turm nicht neutralisieren und musste ins Remis einwilligen. Während dessen steuerte die Partie Kuzubov-Bacrot auf ihren Höhepunkt zu. Auf der Suche nach einer erfolgversprechenden Fortsetzung verbrauchte auch der für Wolfhagen startende Ukrainer fast seine gesamte Bedenkzeit, während der Franzose auf Badener Seite zu großer Form auflief und immer die richtigen Züge fand. Das Gegenspiel zeigte Wirkung, und mit der Zeitkontrolle unterlief dem Wolfhager eine Ungenauigkeit, die ihm leider ein verlorenes Endspiel bescherte. Ein schwarzer Bauer tauchte auf b2 auf, während der weiße Angriff im Nichts verpuffte. Mit einer Reihe feiner Züge erzwang Bacrot die Umwandlung des Bauers, woraufhin Kuzubov sofort aufgab.
Endstand also 2,5:1,5 für Baden-Baden; damit erreichte der Deutsche Meister und Pokalverteidiger Baden-Baden das Finalturnier, das Anfang Mai 2018 stattfindet. Für die Emswölfe bleibt positiv, dass sie damit bereits für die Zwischenrunde 2019 vorqualifiziert sind.